Dienstag, 3. März 2015

Ewig und drei Tage

Momentan passiert nicht soviel spektakuläres. Die Schrauberei zieht sich an allen Fronten dahin.
Aber ich werde immer wieder auf den 170er angesprochen. Wie weit ich wohl wäre und wann er fahren würde. Da bin ich mit der Antwort mittlerweile sehr zurückhaltend, denn im Gegensatz zu vorangegangenen Projekten zieht er sich änhnlich lange dahin wie die KS 600. Es dauert schon viel zu lange und braucht doch immer wieder mal einen gehörigen Motivationsschub.
Hier im Blog steht bisher auch immer wieder mal etwas über das weitere vorankommen am Objekt, aber wie ich an ihn gekommen bin - diese Geschichte fehlt bisher. Und da ich auch darauf immer wieder angesprochen werde, kann ich die Geschichte ja eigentlich auch mal hier unterbringen.
Die Bilqualität ist teilweise recht schlecht, war damals halt so mit den kleinen Kameras. Ich habe zwar noch "echte" Fotos davon, bin aber zu faul die jetzt einzuscannen. Ich denke zum schmökern reicht es.


Auf einem damals regelmäßig stattfindendem Parkplatztreffen für die abgeranzten (Alltags)Klassiker, kam immer wieder ein Mann mit seinem optisch schon vor langer Zeit verstorbenen B-Kadett Coupe daher. Stand immer etwas abseits und machte einen leicht schrägen Eindruck - also den Fahrer meine ich jetzt.




Da der Fahrzeuglenker aber freundlich aussah und man auf dem Treffen eh keine Berührungsängste hatte, kam man schnell ins Gespräch. Zu dieser Zeit fuhr ich unter anderem einen 63er Käfer im Alltag, der dem Äußerem nach auch nicht mehr all zu lange auf Gottes Erde verweilen würde. Und beim quatschen stellte sich halt heraus, daß besagter B-Kadettreiber auch diverse Käferteile bei sich in einer angemieteten Scheune habe und er auch etwas verkaufen würde.
Ach ja, daß traf sich gut. Schauen kann man ja mal.
Also Adressen getauscht, später telefoniert und einen Termin gemacht.

Tjaaa und somit nahm alles seinen Lauf.
Ich hatte als Langstrecken und Überhauptauto neben dem Käfer, ein gutes Commodore A GS Coupe´gehabt. Dieser war ein Jahr zuvor fertig geworden und ich war nicht wirklich auf der Suche nach was neuem. Aber gut...

Von einer Hauptstraße aus, ging eine Kleinstnebenstraße den Berg hinauf, durch ein winziges Dorf, zum verabredeten Treffpunkt. Die Straße war so schmal, daß ich dachte ich würde gleich mit dem Commodore hängen bleiben. Dieser lag mitten im Wald, darin ein großes Fachwerkhaus und zwei scheunenartige Gebäude. Alles war sehr moosig, verwachsen und im Begriff mit der Natur auf Dauer eins zu werden. Sehr hübsch und in meinen Augen auch begehrenswert. Das Gelände selber war schon einen Blick wert.
Nun ja, es gab nach der Begrüßung einen Rundgang. Alleine im Freien um die Scheunen rum stand schon allerlei Gerät in Form von alten Achsen, Felgen, Fahrrad und Motorradteilen, ein uralter Druckluftkompressor aus Vorkriegstagen und unter Laub und Moos vergammelter Kleinkram...
In den Scheunen wurde es noch ärger. In der kleineren, garagenähnlichen Scheune befanden sich zwei Kadett B im teilzerlegten Zustand. Belegt mit Staub und Gerödel sowie umringt von Motorradleichen und Teilen.
In der größeren Unterkunft war es noch wilder. Man konnte knapp 3 Meter reingehen, dann ginge es nur noch mit klettern weiter. Ein heilloses Durcheinander von verschiedensten Gegenständen. Rare Dinge und oller Trödel. Alte Koffer (auch Vorkrieg), Scheinwerfer, Rückleuchten, Drahtrollen, Holz, Papier, Motoren, Getriebe, Öldosen, Regenschirme, Autozubehör aus nahezu allen Jahrzehnten, Poster, Radios für Auto und Haus, Gartengeräte, Werkzeuge, Kisten voller Kleinteile, Lenkräder, Stoßstangen.ect.ect. Massenhaft Zeug.











Alles mehr oder weniger angegammelt, wild durcheinander und unter dickem Staub verborgen. Und mitten drin ein 70er Jahre Käfer, ein B-Kadett Caravan und so weiter. Aber eines dieser Fahrzeuge stach mir sofort trotz des Halbdunkels ins Auge: ein bis zur Hälfte in dem Zeug eingegrabener 170er.
Die Käferteile waren schlagartig nicht mehr von Interesse, sondern nur noch der olle Benz.









Als ich noch jünger war *Hüstel*, trug ich mich mit dem Gedanken mir so einen Wagen mal anzuschaffen. Aber die Preise sowie die Verfügbarkeit hatten diese Gedanken schnell nach hinten gedrückt. Zudem wollte ich einen gebrauchten Zustand haben und kein vollrestauriertes Gefährt. Dieses Verlangen geriet irgendwie in Vergessenheit. Ich hatte schlicht nicht mehr daran gedacht.

Und nun traf es mich wie der Blitz. Da stand ein Auto in Vorkriegsoptik im von mir begehrten Zustand vor mir.
Naja, die Hälfte zumindest, denn der Rest war nicht zugänglich.
Ja, den mußte ich haben - doof war nur das der Besitzer in garnicht hergeben wollte. Er hatte den Benz dort vor gut 30 Jahren abgestellt nachdem das erste Kind unterwegs war und er wollte ihn sich noch fertig machen...Sichersicher....eine Rundumblick durch das Chaos eines Sammlerlebens, ließ mir sein Gedankenspiel doch als sehr gewagt erscheinen...

Nun, daß alles mußte ich erstmal verdauen. Ich nahm benommen ein paar Käferteile mit und fuhr, mit einem großen Umweg über das Land, gedankenverloren nach Hause.

So schnell wollte ich nicht aufgegeben und habe mich danach immer wieder mal bei ihm gemeldet. Ich muß auch sagen das es nicht nur wegen dem Wagen war, ich mochte den Besitzer einfach. Aber trotzdem wollte ich dieses Auto! Hier war auch ein gefaßtes Vorgehen gefragt, da ich nicht zum Telefon und Besucherterroristen mutieren wollte. Und denn Anschein das ich jeden Preis für den Wagen hinlegen wollte, den galt es erst recht zu vermeiden. Ich war zwar schon schwer angefixt aber nicht liebestrunken...
Stehter Tropfen höhlt bekanntlich ja den Stein und die Wochen zogen ins Land.
Irgendwann läutete der Fernsprecher und der ersehnte Auspruch klang vom anderen Ende der Leitung zu mir rüber: "Hmm, ja, also ich werde den Wagen jetzt doch verkaufen...

Oh! Das war ja hervorragend!

Aber der Dämpfer folgte sogleich, denn seine Preisvorstellung war für mich echt zu hoch!
Ich lehnte höflich, aber bestimmt ab und sagte ihm: " Ach schade, da bin ich raus. Das ist mir echt zuviel. Wenn du jemanden findest, der diesen Preis dafür hinlegt, dann gib ihn weg. Schon ok"
Und das meinte ich auch so, obwohl es mir innerlich leid tat und ich mit mir kämpfte. Ich hätte ihn gerne gehabt und war auch leicht gefrustet so kurz vor dem Ziel doch nicht dran zu kommen.
Es hat ja auch was von einer Jagd.
Ein fast vergessener "Traum"-wagen der im Dornrößchenschlaf vor sich hindämmert und die ganze Händler und Sammlermeute hat noch keinen Wind davon bekommen.
Uiuiui, mich hat das schon kribbelig gemacht. Der Gedanke das ein anderer in mir vor der Nase wegschnappt, damit abhaut und man den Wagen irgendwann mal auf einem Treffen sieht (oder auch schlimm: bei einem Händler zum doppelten Preis), der hat mich schon gewurmt. Aber ich mußte hier hart bleiben.

Nun versuchte ich mich damit abzufinden und habe auch fast nicht mehr daran gedacht, als ein paar Wochen darauf abermals das Terrorfon läutete. Wieder war es der Verkäufer und er machte mit einem Seufzer seine Aufwartung.
Wie es nunmal so ist, es wollte niemand den Wagen für diesen Preis haben. Der Zustand war halt nix für jemanden, der in sich Top machen wollte (und das wollte jeder der anderen Interessenten).
Somit wurde ich zu einem Gespräch eingeladen.
Also trafen wir uns zu einem Bierchen hinten im Hof des Hauses und verhandelten eine geraume Zeit.
Das Ergebnis war für beide Seiten durchaus akzeptabel. Also ich war zufrieden. Und nach heutigem Kenntnisstand kommt mir doch ab und an das überstrapazierte Wort Schnäppchen in den Sinn.
Darauf hatte ich es nicht abgezielt, muß ich dazu aber auch sagen. Ich habe einfach nur um den Preis verhandelt, den ich dafür bereit war auszugeben.
Obendrauf gab es noch eine Menge originale Ersatz- und Zubehörteile, welche ich auch wirklich gut gebrauchen konnte.
Der 170er ist nahezu unverbastelt (bis auf die Türen) und hatte eine sehr gute Substanz. Heftiger Rost war nur an zwei Stellen an der Regenrinne im Dach vorhanden. Ansonsten ist er so, wie ein 170er in den 70ern wohl augesehen hat. Plus die Jahre in der Scheune natürlich....

Dankenswerterweise durfte der 170er auch weiterhin in seinem Domizil bleiben, da ich noch einen Platz für ihn finden mußte.
Somit war auch der Startschuß für den Verkauf des Commodore gefallen.
Das hat mir auch komischerweise nicht Leid getan, obwohl mein näheres Umfeld mich für völlig Gaga hielt. Die Entscheidung meinerseits fiel sofort und zeigte auch, welches Auto mir lieber war.
Da der Opel im guten Zustand und doch recht begehrt war/ist, fand sich schnell ein Käufer, welcher meinen geforderten (hohen) Betrag hinlegte.
Das ging wirklich reibungslos über die Bühne.

So, dies war nun erledigt.
Nur mit dem Unterstand haperte es noch.
In die Unterkunftsuche platzte dann die Nachricht vom Verkäufer des 170ers herein:
Das Haus an dem die Scheunen standen, wurde verkauft! Er müsse raus und das Gelände (also die Scheunen) würden abgerissen. Er muß alles in einer recht kurzen Frist da herausschaffen.

Hoppla! Jetzt kam ich aber in Schweiß!

Ich habe so ziemlich jeden angesaugt den ich kannte und konnte so tatsächlich einen kurzfrsitigen Unterstand ergattern. Zumindestens solange bis ich eine Garagenplatz hatte.
Dank vieler Helfer gab es auch schnell ein Zugfahrzeug und einen Anhänger für den Transport.


Dann kam der Tag der Bergung.
Ich traf mich mit zwei Freunden schon früh am morgen und wir machten uns nach einem Frühstück auf den Weg.
(Was das allerdings immer für eine elende Fahrerei ist. Früh los, Zugfahrzeug besorgen, Helfer einpacken, Hänger besorgen dann zum Ort des Geschehens, die Karre aufladen woanders abladen, Hänger weg, Helfer wegbringen, Zugfahrzeug wegbringen ect.)

Glücklicherweise hat der Ex-Besitzer schonmal das ganze Gerümpel um den 170er entfernt. Somit kamen wir recht gut an ihn ran. Aber der olle Kollege war doch recht störisch und wollte seinen alten Platz nicht so gerne verlassen. Erst mit Seilwinde und Muskelkraft, haben wir ihn über den staubigen Scheunenboden bis zum matschigen Vorplatz schleifen können. Gut das eine AHK montiert war und sich die Reifen tatsächlich noch aufpumpen ließen.
In Verbindung mit den Unmengen an Mücken,welche uns in der schwülen Waldluft drangsalierten, war dies wahrlich kein so angenehmes Spiel.
Aber irgendwann war er auch endlich auf dem Hänger verzurrt und als es dämmerte (so lange hat die ganze Nummer gedauert!), konnten wir die Reise zum nächsten Zwischenhalt antreten, wo der Mercedes dann ein paar Tage untergebracht werden konnte. Von da haben wir ihn dann auch Tage später in die Tiefgarage gebracht.



















Ab in die Zwischenunterkunft






Mit Trecker ging es besser

Seitdem geht die Nummer mittlerweile in das achte Jahr. Dabei baue ich ihn ja auch nur soweit auf, das er als Alltagswagen herhalten kann. Aber auch das ist eine ziemlich umfangreiche Arbeit. Zudem hat sich natürlich auch mein Leben in der Zeit geändert und die Freizeit ist knapper.
Bis auf die überholte Technik und Elektrik bleibt alles wie es ist - auch die Optik soweit möglich. Auf das Hakenzeichen lege ich keinen großen Wert. Sollte er es erhalten - gut. Wenn nicht, auch egal.
X-mal bin ich mit dem Wagen von Halle zu Halle gezogen. In der jetzigen Halle wird er aber wohl auch endlich fertig. Aber das habe ich schon oft gedacht, hehe.

Tja, was bleibt noch zu sagen?
Ohne Freunde geht garnix!
Es war bisher das dritte Auto, welches ich über die Jahre aus so einer Behausung gezogen habe - sagen wir ähnlichen Behausung. DAS hier war bisher das härteste.
Nur mein erstes Auto besorgte ich mir über eine Anzeige im örtlichen Anzeigeblättchen. Der Rest kam durch reinen Zufall zu mir.
Aber allesamt waren es ja keine "Funde", denn die Besitzer gab es noch und sie wußten um ihre Vehikel.
Zuviel sammeln ist auch nix. Haben und nicht benutzen? Mache ich selber schon fast zu lange...

Ach ja, was mit den Unmengen an wirklich alten Gegenständen, Trödel, Autos und Motorrädern geworden ist, welche in den Scheunen und drumerhum noch standen?
Davon wurde nur ein Bruchteil an den Mann gebracht, der Rest ist gna-den-los auf den Schrott gewandert. Ich habe es mit Schmerzen gesehen.

Und liebe Leute, da waren Sachen dabei, von denen erzähle ich euch lieber nicht.

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